Transkript zum Podcast

Was ist eigentlich Heumilch und was ist das Besondere an ihr?

Hallo und herzlich Willkommen. Wolfgang Dürnberger begrüßt Sie bei den Milchgesprächen, dem Podcast der SalzburgMilch. Zu Gast ist dieses Mal der Obmann der Heumilch-Bauern in Österreich, Karl Neuhofer.
 

Hallo Wolfgang, guten Morgen. Danke für die Einladung. Ich bin natürlich gerne gekommen, weil ich ja schon ganz viele Jahre Lieferant der SalzburgMilch bin.
 

Karl, wir reden heute über Heumilch. Heumilch ist keine Milch, die aus Heu gemacht wird, oder?

Wenn ich den Begriff vielleicht erkläre: Heumilch ist die ursprünglichste Form der Milchwirtschaft, so wie man es eigentlich früher seit Jahrhunderten gemacht hat – eigentlich das Original der Milch. Wieso der Name? Der Begriff „Heu“ erklärt das wesentlichste Element dieser Milchproduktion. Und die Besonderheit ist eigentlich die Heufütterung im Winter.
 

Das heißt, die Kühe bekommen im Winter getrocknetes Gras?

Genau. Die Heumilchproduktion passiert im Lauf des Jahreskreislaufes, d.h. im Sommer diese Frischgrasfütterung in Form von Weide, Almwirtschaft oder Eingrasen, wo man das Gras in den Stall holt, oder eben – die Besonderheit – für die Winterfütterung ist die Futterbasis wertvoll getrocknetes Heu.
 

Du bist Obmann der Arbeitsgemeinschaft Heumilch, die sich kurz „ARGE Heumilch“ nennt. Wer steckt hinter dieser Organisation? Welche Ziele verfolgt sie eigentlich?

Wir haben uns 2004 zusammengefunden, alle Heumilchbauern Österreichs. Im Wesentlichen kann man sagen aus dem Alpenbogen Österreichs, aus dem Westen Österreichs: Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Oberösterreich und Steiermark. Salzburg ist natürlich eine der wesentlichsten Heumilchregionen Europas überhaupt. Deshalb bin ich auch damals zum Obmann gewählt worden aus dieser Runde. Das sind 7.000 Familienbetriebe – Heumilchbäuerinnen und -bauern. Die Besonderheit ist, dass wir eine gemeinsame Aktivität gegründet haben, die Heumilchbauern gemeinsam mit unseren Milchverarbeitern in den Regionen. Also 60 Molkereien und Käsereien im Westen Österreichs verarbeiten diese wertvolle Heumilch zu Milchprodukten und die Heumilch ist vor allem die Spezialmilch für die Käseproduktion.
 

Das heißt, diese ARGE Heumilch ist eigentlich ein Verbund aus Landwirten. Es ist ein Verein oder eine Genossenschaft oder was ist die ARGE Heumilch?

Wir sind ganz konkret ein Verein, freiwillig – und die Besonderheit, was mich als Obmann schon sehr freut, wir sind seit 2004, also jetzt 18 Jahre, als Verein organisiert und von den 7.000 Heumilch-Bäuerinnen und Bauern und den 60 Milchverarbeitern hat uns bis jetzt noch kein einziger verlassen. Sie könnten jeden Tag / jedes Jahr freiwillig sagen, sie sind da nicht mehr mit dabei. Wir sind da sehr gut organisiert und die Besonderheit ist vielleicht auch, dass die Milchverarbeiter aus den verschiedenen Bundesländern in Wirklichkeit am Markt beim Lebensmittelhandel Mitbewerber sind. Und trotzdem investieren wir unsere Anstrengungen und auch die Marktaktivitäten gemeinsam. Das zeigt auch von Größe der Chefs der Molkereien, dass man das erkannt hat, dass wir nur gemeinsam stark sind.
 

Es gibt ja viele verschiedene Milchsorten. Heumilch ist nur eine von vielen. Welchen Anteil macht die Heumilch in Österreich aus? Nur damit wir eine Größenordnung bekommen.

Die Heumilch ist die Spezialmilch als Trinkmilch, aber vor allem für die Käseproduktion und der Anteil der Heumilch in Österreich ist 15 % der Gesamtmilchproduktion. Aber eine Besonderheit ist für uns, dass es auf dem europäischen Markt nur mehr 3 % Heumilch, also von dieser Premium-Milch gibt, und das ist eigentlich für die Salzburger Bäuerinnen und Bauern und vor allem für die Milchverarbeiter im Land Salzburg eine gute Möglichkeit, auch im Export gut zu punkten. Vielleicht eine Zahl dazu: In etwa 60 % der Heumilch-Käse gehen in den Export, ein richtiger Klassiker. Und unser wichtigster Markt ist natürlich Deutschland, weil da Kaufkraft besteht und entsprechend die deutschen Konsumentinnen und Konsumenten aufgrund des Tourismus auch das Produktionsland Österreich kennen. Man muss sich ja vorstellen, wenn die Gäste aus Deutschland bei uns Urlaub machen, ob im Winter oder im Sommer, wir produzieren die Milch in den Regionen, wo sie alle Urlaub machen. Das ist selbsterklärend.
 

Als Heumilchbauer muss man auch nach bestimmten Regeln wirtschaften. Ihr habt euch selbst das Heumilch-Regulativ auferlegt. Was steht da drinnen, in diesem Heumilch-Regulativ? Was gibt es den Bauern vor?

Das österreichische Heumilch-Regulativ, da haben wir uns eigene Produktionsrichtlinien festgelegt, einen sehr hohen Standard, ist in dieser Form eigentlich weltweit einzigartig. Das kann man bei uns auf der Homepage www.heumilch.com nachlesen. Da sind einfach die Produktionsrichtlinien von der Fütterung, von der Haltung der Tiere und wir haben auch ganz viele Parameter, die das Tierwohl betreffen, eingearbeitet. Der Standard ist derart hoch, dass wir 2016 von der Europäischen Kommission die Auszeichnung erhalten haben „Heumilch g.t.S.“. Was heißt nun „g.t.S.“? „g.t.S.“ steht für „garantiert traditionelle Spezialität“ und da muss man den gesamten Produktionsprozess von der Heumilch-Produktion bis zur Verarbeitung in den Käsereien nachweisen. Wir sind somit eines von drei europäischen Gütesiegeln. Das war für uns ein ganz ein wichtiger Schritt, weil damit die Bauern eine große Sicherheit erfahren. Das heißt, in ganz Europa kann man nur Heumilch auf Produkte drauf schreiben, die nach unserem Standard produziert sind. Das ist in Brüssel eingetragen. Nur die ARGE Heumilch hat die Möglichkeit, diesen Standard zu verändern. Das ist eigentlich für unsere Bauern ein gewaltiger Schutz.
 

Das heißt, wenn irgendwo das Label Heumilch auf Produkten oben ist, dann kann man davon ausgehen, dass das auch kontrolliert wird und dass das auch nachvollziehbar ist?

Das war für uns ein ganz wesentlicher Schritt zum Start der Kommunikationsoffensive, dass das Heumilch-Regulativ die Basis ist und dass alle Heumilchbauern, auch die Milchverarbeiter, von EU-weit zertifizierten Kontrollstellen überprüft werden. Das, glaube ich, ist man den Verbrauchern schuldig, dass man da ganz großes Vebraucher-Vertrauen aufbaut und dem auch gerecht wird. Daher benötigt man diese unabhängigen, zertifizierten Kontrollen entlang des gesamten Produktionsprozesses.
 

Du bist Obmann der Heumilchbauern, bewirtschaftest mit deiner Familie in Straßwalchen selbst einen Heumilchbetrieb. Gibst du uns einen kurzen Einblick? Wie ist euer Hof organisiert? Wie kann man sich das vorstellen als Betrieb – wie sind diese Abläufe?

Ich glaube, wer mich kennt, ich bin einmal erstens ein ganz leidenschaftlicher Milchbauer. Wir Milchbauern in Österreich und speziell auch in Salzburg, wir haben durchaus zurzeit große Herausforderungen, aber die werden wir annehmen und wir werden sie auch bewältigen. Wichtig ist einmal, dass man das gerne macht, was man tut. Ich bin einfach ein leidenschaftlicher Milchbauer und wir haben eine Betriebsgemeinschaft gegründet mit der jungen Generation, also meine Frau, die Resi, und ich gemeinsam mit der Tochter Isabella und Schwiegersohn Lukas. Wir haben eine Betriebsgemeinschaft und bei uns bewährt sich das System sehr gut, weil damit die nächste Generation perfekt in den Milchwirtschaftsbetrieb hineinwächst. Das macht es für mich auch möglich, dass ich diesen Obmann mache für alle Heumilchbauern Österreichs, dass ich das zeitlich organisieren kann. Und für mich ist es einfach eine Riesenfreude, als schon auslaufende Generation am Milchviehbetrieb, dass wir den Hof dann auch übergeben können an die nächste Generation. Isabella und Lukas sind einfach dermaßen engagierte, junge Bio-Heumilchbauern, dass man wirklich sagen kann, man hat jeden Tag eine Freude. Sie machen das perfekt: erstens, den Umgang mit den Tieren, weil Tierwohl hat auch etwas mit dem Umgang mit den Tieren zu tun und sie setzen sich einfach mit der Materie ganz, ganz stark auseinander. Das Ergebnis ist dann einfach wertvollste, qualitätsvolle Milch.
 

Kannst du uns trotzdem konkret sagen – Heuwirtschaft, was bedeutet das für einen Betrieb? Wie wird die Futterernte – wie läuft das bei euch ab am Hof?

Die Besonderheit dieser 15 % der Milchproduktion in Österreich, wie ich gesagt habe, ist, dass wir den ganzen Sommer durchgehend Grüngrasfütterung haben. Ende April gehen die Kühe auf die Weide. Der schönste Tag im Jahr ist einfach, wenn sie den ersten Tag im Jahr wieder auf die Weide gehen, das Lustempfinden, das die Tiere haben. Und dann füttern wir den ganzen Sommer durchgehend Gras. Die Besonderheit ist dann natürlich das Heu machen, was die Heubauern auszeichnet. Das ist von der Arbeit her natürlich mehr Aufwand, aber das machen wir gerne, weil wir dadurch natürlich eine hohe Grundfutterqualität für die Winterfütterung zur Verfügung haben. Wir machen verschiedene Arten von Heuqualität. Wir machen sehr energiereiches Heu, wenn wir ein bisschen früher mähen. Die Hauptmaht für die Milchkühe ist dann aber schon einmal zwei Wochen später, da machen wir die Menge. Wir machen – ziemlich spät gemäht – dann noch Biodiversitäts-Heu, eigentlich für Trockensteher, für trächtige Kalbinnen. Das macht das Leben so aus. Bei der Heuwirtschaft da wird einfach zusammengeholfen. Da helfen die Familienmitglieder mit, da wird super Heu geerntet, am Abend gemeinsam gejausnet. Ich glaube, die Heuernte oder als Heumilchbauer unterwegs zu sein, hat für uns daheim am Betrieb in Straßwalchen einfach auch mit einer hohen Lebensqualität zu tun. Wenn man da in den Stall geht, im Winter, und eigentlich die ganze Luft – man hat dieses Aroma von diesem wertvollen Heu und Kräutern, das ist für uns dann die Belohnung für die Arbeit im Sommer.

Das heißt, du magst das Heu selbst, einfach. Du hast eine Leidenschaft zu diesem Stoff, zu diesem Produkt, zu diesem Naturprodukt eigentlich?

Ich sage, das Wesentliche wird einfach sein, dass man das Futter für die gesamte Milchproduktion – das gilt übrigens für alle Bauern in Österreich – dass wir das Futter im Wesentlichen von dem erzeugen/konservieren, was vor der Stalltüre wächst. Ein bisschen mit Kraftfutter ergänzen zur Mineralstoffversorgung, dann läuft das einfach ganz rund. Dann hat eigentlich die Bäuerin/der Bauer keinen Stress und die Kuh auch keinen Stress. Das Ergebnis sind hochwertige Milchprodukte. Ich vergleich das immer in der Heufütterung – unsere Milchkühe sind eigentlich echte Gourmets und das soll dann auch für die Verbraucher so sein, dass diese hochqualitativen Käse, die wir in Salzburg erzeugen, auch für Gourmets bestimmt sind. Vielleicht eine Zahl dazu: Im Land Salzburg werden noch 45 % Milch in Form von Heumilchproduktion erzeugt. Das ist ein ganz ein hoher Wert. Wie man sagt, in Europa sind es nur mehr 3 %, in Österreich 15 %, aber im Land Salzburg 45 %. Das heißt, wir sind eigentlich noch ein so richtiges Heumilch-Land: im Salzburger Seenland, im Flachgau, im Tennengau. Aber mittlerweile haben wir in allen Bezirken in Salzburg eine Heumilch-Produktion und auch eine Heumilch-Sammlung.
 

Das heißt, Salzburg hat hier wirklich eine lange Tradition und es kommt ja auch von früher, von diesen Heumilch-Käsereien, dieser Emmentaler-Produktion her. Diese hat sich weiterentwickelt.

Genau, das kann man so sehen. Man hat ja früher im Flachgau/Tennengau ganz viele kleine Käsereien gehabt. Diese haben sich dann wieder zusammengefunden zu ein bisschen größeren Einheiten. Aber die Käseproduktion hat eigentlich in Salzburg eine lange Tradition und ist jetzt aktueller denn je. Weil man sagt, wenn man eine Standardmilch verarbeiten würde in Österreich, würden oft 1-2 Molkereien genügen. Wir haben aber im Bereich der Heumilch-Verarbeitung noch 60 Käsereien. Das heißt – kurze Transportwege, regionale Produkte und für mich heißt das auch, wenn 60 Käsereien Käse produzieren, dann ist das eine ganz hohe Innovationskraft für die Käsekultur, für die Käseweiterentwicklung. Wir haben ja momentan eine Situation, dass es in Österreich mehr Käsesorten gibt, als das Jahr Tage hat. Das war früher nicht so. Da hatte man vielleicht 2-3 Käsesorten. Mittlerweile haben wir eine ganz hohe Käsevielfalt und daraus hat sich auch eine Käsekultur entwickelt, ähnlich wie in Frankreich. Frankreich hat da einen ganz guten Namen und wir sind da sehr gut unterwegs, in Österreich und ganz besonders auch in Salzburg, dass wir diese Käsekultur wieder hochleben lassen.

Heuwirtschaft bedeutet natürlich auch, dass es eine eigene Wirtschaftsweise gibt, die Wiesen bewirtschaftet werden. Ihr habt da natürlich eigene Regeln. Was macht den Unterschied? Ihr redet auch sehr viel von mosaikartiger Bewirtschaftung – was ist das?

Der große Unterschied in der Heumilchproduktion zur Standardmilchproduktion, wie man es in Europa macht, ist, dass die Heumilchproduktion im Wesentlichen in den Grünland-Bergregionen passiert, inkl. dem Salzburger Seenland - das ist ja der vorgelagerte Bereich -dem Mondseeland und auch noch ein bisschen das Mattigtal: da passiert die Heumilch-Produktion in Salzburg. Die Besonderheit ist eben die Heuernte selbst. Das heißt, man kann aufgrund vom Wetter, von der Ernteschlagkraft – man kann nicht alle Flächen in 2 oder 3 Tagen ernten, sondern man muss z.B. den ersten Schnitt in mehreren Etappen, ca. 3-4 Mal,  ernten. Das Besondere ist: Jeder einzelne Bauer bewirtschaftet die Flächen mosaikartig. Was heißt das jetzt konkret? Das heißt, die Flächen werden räumlich und zeitlich versetzt geerntet. Und das leistet viel für den Bereich der Biodiversität und der Artenvielfalt – und das wird ja immer wichtiger. Überall wo man die Literatur aufschlägt, die Biodiversität ist ein Megathema und da haben wir Bauern eine große Verantwortung. Somit haben Insekten oder Niederwild auch die Möglichkeit, sich wieder räumlich zurückzuziehen. Wir haben Flächen, die im April oder Mai geweidet werden, da wächst die Weide nach, dann werden die ersten Heuwiesen gemäht, dann werden die nächsten Heuwiesen gemäht, vielleicht zwei Wochen verzögert. Da können dann die Insekten, das Niederwild, die haben damit wieder Ausweichmöglichkeiten, räumliche Ausweichmöglichkeiten. Daher haben wir die Bewirtschaftung so angelegt, dass wir zeitlich und räumlich versetzt bewirtschaften. Damit das auch Hand und Fuß hat, haben wir eine sehr groß angelegte Biodiversitätsstudie veranlasst, die über 3 Jahre hinweg gelaufen ist, die eigentlich im gesamten deutschsprachigem Raum einzigartig ist, die auch in Brüssel aufliegt und dort als Grundlage dient – diese Suske-Studie bestätigt den wertvollen Beitrag der Heumilch-Bauern im Land Salzburg für die Biodiversität und die Artenvielfalt. Das ist für uns auch ein ganz hohes Ziel, für uns Heumilchbauern, dass wir erstens einmal wertvolle Milch produzieren, aber dass wir auch einen wertvollen Beitrag für die Biodiversität der Regionen leisten. Man kann da ein bisschen ausschweifen. In Wirklichkeit sind ja auch das Salzburger Seenland oder der Tennengau oder unsere Bezirke allgemein das Naherholungsgebiet der Stadt Salzburg. Da haben wir auch eine große Verantwortung für die gesamte Region. Wir leisten mehr Beitrag als nur Milch zu produzieren. Wir schaffen die Lebensgrundlage für die Menschen, die in unseren Regionen leben. Man kann rausgehen, man geht Fahrrad fahren. Wenn man Biodiversität und die Lebensqualität anspricht, man muss ja nur einmal im Mai, Juni, wenn die Bauern das Heu machen, mit dem Fahrrad in der Nacht oder am Abend durch die Gegend fahren – welches Aroma das hergibt, wenn auf den Wiesen das Heu liegt. Da hat jeder, glaube ich, Bilder im Kopf. Die Bilder reichen natürlich bis zum Heustadl. Das heißt, die Heuwirtschaft hat auch emotional einen sehr hohen Wert, auch bei Verbraucherinnen und Verbrauchern.
 

In Salzburg und in Österreich kommt ja sehr viel Futter von den Wiesen. In Europa ist das aber eigentlich nicht so, oder?

Wir haben ja die Fütterung klar geregelt. Bei konventionellen Heumilchbauern müssen immer 75 % der Futtermittel aus Wiesenfutter bestehen, für die Bio-Heumilchbauern 85 %. Das heißt, da ist das Kraftfutter eigentlich nur ein Beifutter. Wenn man das mit europäischen Milchproduktionssystemen vergleicht, dort werden ganz hohe Anteile an Maissilagen, an Kraftfutter, an Futter aus Übersee eingesetzt. Man glaubt immer, Milch ist Milch – und das ist eben nicht der Fall. Wir wissen von der Universität für Bodenkultur und auch von der Universität für Veterinärmedizin, dass die Grüngrasfütterung einen maßgeblichen Einfluss und einen großen Vorteil auch in Bezug auf die Allergien liefert. Und vor allem die Fettsäure-Zusammensetzung, Omega3-Fettsäuren, Omega 6-Fettsäuren, sind in dieser grünlandbasierten Milch einfach viel, viel besser gegeben. Das erfüllt die Heumilchproduktion in besonderer Form, aber auch die Silage-Fütterung, wo ein hoher Anteil an Grasfütterung eingesetzt wird; erfüllt hier einen Beitrag. Es ist immer wichtig, dass man eine grünlandbasierte Fütterung praktiziert. Das unterscheidet uns ganz, ganz maßgeblich von der Milchproduktion in Europa.

 

Die Milchproduktion, die Milchkuhhaltung steht in letzter Zeit auch immer wieder ein wenig in Kritik. Es geht um den Klimaschutz, um den Methanausstoß. Was ist deine Meinung dazu?

Das kann man ganz klar beantworten. In Bezug auf Klima kommt es immer darauf an, in welcher Form die Haltung und Fütterung der Milchkühe gemacht wird. Immer wo man grünlandbasierte Milchvieh-Fütterung, so wie bei uns in Salzburg, hat, hat man eben genau diese Klimadiskussion nicht – als wenn man die Milchproduktion mit hohem Kraftfutteranteil hat.

 

Das heißt – Futter aus der Region, Futter von den eigenen Flächen, Futter vom eigenen Betrieb, das ist das, was euch wichtig ist?

Ein Hektar Grünland bindet 195 Tonnen CO2. Das ist noch 30 % mehr als bei einer Milchproduktion aus dem Ackerland. Das Grünland bindet sogar mehr CO2 als der Wald. Das haben sich viele lange nicht vorstellen können. Also, das Grünland leistet sogar einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz. Der passiert nur dann, wenn dort eine Produktion, aber eine standortangepasste Produktion passiert.

 

Das heißt auch hier muss man eigentlich differenzieren. Wie findet die Produktion statt? Hier gibt es einfach auch große Unterschiede?

Genau. Und da ist es für uns auch ganz wichtig, von der Heumilch-Organisation, dass wir gerade diese Besonderheit und das Wertvolle der Milchproduktion aus Grünlandfutter auch entsprechend den Verbrauchern kommunizieren. Denn ich sage immer: „Verbraucher können auch selbst einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, indem sie auch Heumilchprodukte konsumieren.“ Weil es kann jeder in der Stadt, auch in Wien, Heumilchprodukte genießen und verspeisen. Er kann aber in der Stadt nicht wirklich einen Baum pflanzen. Und das ist sein Beitrag zum Klimaschutz.

 

Karl, es gibt heuer wieder eine Heumeisterschaft, habe ich gelesen. Was ist das? Worum geht es hier bei dieser Meisterschaft?

Mir als Obmann und auch als Heumilchbauern ist es einfach wichtig, dass den Heumilch-Bäuerinnen und Bauern, vor allem auch der jungen Generation, die Wichtigkeit vom Grundfutter bewusst wird. Das ist für mich das Hauptelement in der Heumeisterschaft, das Bewusstsein schaffen bei den Bäuerinnen und Bauern für höchste Grundfutter-Qualität. Weil für die ganze Milch, die wir aus dem Grünfutter, aus dem Heu erzeugen, brauchen wir  Zukauf-Futter. Das heißt, das ist der Hauptansatz der Heumeisterschaft. Es gehört auch ein bisschen dazu – wir messen uns ja da mit allen Bundesländern. Früher hatten die Vorarlberger immer ein bisschen die Nase vorne. Bei der letzten Heumeisterschaft, bei der Auswertung vor 3 Jahren, war Salzburg ganz an der Spitze. Man merkt da, wenn man aktiv wird – und das gilt für alle Milchbauern in Österreich, egal welche Milchsorte -  die Futterqualität muss immer ganz, ganz oben stehen. Und deshalb ist für uns die Heumeisterschaft ein wichtiges Element, weil wir eben auch Kraftfutter einsparen möchten. Das Ganze gipfelt dann, diese Heumeisterschaft - da messen sich halt die besten Bauern in verschiedenen Kategorien – in einer großen Heugala, die wir eigentlich nur alle 3 Jahre machen. Es soll nicht inflationär sein. Das ist dann eigentlich so ein richtiger Heumilchbauern-Feiertag. Da kommen dann 600-700 Bäuerinnen und Bauern in einem festlichen Rahmen zusammen. Da wird die Preisverleihung stattfinden, da sind die Firmen dabei, da sind unsere Milchverarbeiter dabei. Wir sehen uns immer als Gemeinschaft, die Bauern gemeinsam mit den Molkereien und Käsereien. Das ist dann unser großer Tag alle 3 Jahre bei dieser Gala, wo wir uns auch Fachreferenten einladen. Dann sind die Bauern auch wieder für die nächsten 3 Jahre maximal motiviert. Für mich ist es, glaube ich, wichtig, dass wir unsere Arbeit in der Interessensvertretung, in diesem Fall als ARGE Heumilch, so machen, dass die Bauern und besonders die Jungen motiviert sind, dass sie die Arbeit gerne machen. Weil bei allem, was man gerne macht, kommt auch ein gutes Ergebnis heraus.

 

Das heißt, diese Heumeisterschaft ist eigentlich eine sehr große Geschichte?

Das ist eine ganz große Geschichte für uns. Das ist wirklich ein Highlight. Deshalb machen wir sie auch nicht jährlich sondern alle 3 Jahre. Das gibt einfach dann wieder so viel Motivation und ich glaube, wir brauchen schon eine Motivation. Die Heumilchbauern sind große Idealisten. Wir haben aber auch bei unseren Mitgliedern eine gute Stimmung. Wir haben das abgefragt durch eine Masterarbeit. 96 % jener, die einen Heumilchbetrieb bewirtschaften, möchten auch bei dieser Form der Bewirtschaftung bleiben.

 

Karl, in der Kommunikation mit den Konsumenten fängt es ja schon beim ganz jungen Publikum an. Ich habe gesehen, ihr bringt immer wieder auch so kleine Kinderbücher heraus?

Wir machen mittlerweile die 11. Ausgabe, also wir bringen jährlich ein neues Kinderbuch heraus. Zielgruppe sind Kinder, die noch nicht lesen können. Das heißt, es sind pixie-Heftchen, 10x10 Zentimeter und da bereiten wir die Themen, die Inhalte der Heumilch kindgerecht auf. Wir drucken da pro Jahr 450.000 – 500.000 Stück. Wir schreiben alle Kindergarten Österreichs, mittlerweile auch in Bayern und Baden-Württemberg an, und sie bekommen es dann auf Bestellung zugeschickt. Wir behandeln da Themen, wie: Wie verhält man sich auf der Weide? Wie verhält man sich auf der Alm? Wie verhält man sich im Sommer, im Urlaub, auf der Alm? Solche Themen bereiten wir in den Heumilchfibeln kindgerecht auf. Das heißt, wir schauen immer, dass wir bäuerliche Themen so herunterbrechen, dass sie die Kinder und klarerweise auch die Eltern verstehen.

 

Sehr gut, vielen Dank. Zum Abschluss hätte ich noch ganz gerne gewusst: Wenn ich bei dir daheim den Kühlschrank aufmache, was finde ich da drinnen? Welche Produkte magst du besonders gerne, wenn du einmal Milch – in welcher Form auch immer – isst?

Das ist ganz einfach erklärt. Wir sind mittlerweile seit über 30 Jahren Bio-Bauern. Und das, was wir produzieren, möchten wir klarerweise auch selbst haben. Also, da ist natürlich eine ganze Reihe an Milchprodukten drinnen. Das beginnt beim wertvollsten Naturjogurt und ich persönlich, als Karl Neuhofer, für mich sind einfach Klassiker Hartkäse, lang gereifte Käse.  Da bin ich schon sehr daheim. Wir sind eben selbst auch echte Genießer - nach der Heuarbeit am Abend einmal Flascherl Wein kappen und dazu den besten Käse. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir Bäuerinnen und Bauern auch selbst immer dran denken: „Auch wir dürfen ein Teil dieses Genusses sein!“

 

Sehr schön. Vielen Dank für dieses Gespräch. Vielen Dank für deine Einblicke in die Heumilch.

Danke Wolfgang. Und ich wünsche uns allen miteinander eine gute Weiterentwicklung, den Bäuerinnen und Bauern gemeinsam mit unseren regionalen Milchverarbeitern. Danke für das Gespräch!
 

Danke fürs Kommen!

 

 

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