Hallo und herzlich willkommen. Wolfgang Dürnberger begrüßt Sie bei den Milchgesprächen, dem Podcast der SalzburgMilch.
Zu Gast ist heute Nicole Leitner. Sie ist Bäuerin in Anif und koordiniert die Salzburger Seminarbäuerinnen.
Einen wunderschönen guten Morgen, Grias di.
Nicole, wer sind die Seminarbäuerinnen und was kann man sich darunter vorstellen.
Seminarbäuerinnen sind alle Bäuerinnen, die sich ein Ziel gesetzt haben, dass sie die Landwirtschaft nach außen tragen wollen, in jeder Form. Das heißt, sie wollen den Menschen Einblick in die Lebensmittelproduktion geben, auch wie man sie verarbeitet, und auch ein bisschen am Leben der Landwirtschaft teilhaben lassen. Die Bäuerinnen absolvieren einen Zertifikatslehrgang, der praktische, theoretische und pädagogische Bereiche abdeckt. Wenn man das gemacht hat, dann ist man eine Seminarbäuerin.
Was heißt das dann konkret? Welche Aufgaben hat man als Seminarbäuerin. Vielleicht kannst du uns da ein paar Beispiele sagen?
Eine Seminarbäuerin hat verschiedenste Aufgabenbereiche. Das beginnt bei Koch- und Backkursen und Schuleinsätzen, das heißt, wir gehen auch in die Schulen, und gleichzeitig sind wir auch für Vorträge zu buchen, für verschiedenste Themen: „Mein Essen, meine Zukunft.“, „Wie kommt das Gras in den Burger“, lauter solche Themen, die einfach momentan aktuell sind.
Kann jede Bäuerin Seminarbäuerin werden oder gibt es da bestimmte Voraussetzungen?
Nein, eigentlich kann jede Bäuerin Seminarbäuerin werden, das ist ganz klar. Sie muss wollen und den Zertifikatslehrgang machen.
Du hast ja selbst einen Betrieb zuhause. Kannst du uns ein bisschen den Betrieb vorstellen?
Ja, wir haben einen Biobetrieb, direkt in Anif, in Salzburg Süd. Wir haben 20 Mutterkühe mit der Nachzucht und derzeit ca. 1.500 Legehennen in mobilen Ställen.
Das heißt, ihr seid auf mehreren Standbeinen aufgestellt und Seminarbäuerin passt dir dann auch sehr gut ins Konzept?
Genau. Mehrere Standbeine sind in der Landwirtschaft ganz wichtig, wo man einfach sagt, wir haben Fleisch, Eier, ich bin Seminarbäuerin und Schule am Bauernhof mache ich auch. Das ist das Vielfältige, was aber auch die Arbeit am Hof oder das Bäuerinnen sein einfach ausmacht.
Wie viele Seminarbäuerinnen gibt es derzeit in Salzburg?
Derzeit haben wir 16 Seminarbäuerinnen, aber es ist jetzt im November ein neuer Lehrgang fertig und dann freuen wir uns, dass wir dann schon 30 sind.
Auf eurer Homepage steht auch, dass ihr euch als Botschafterinnen der bäuerlichen Produkte seht. Ihr wollt das Bild der heimischen Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion vermitteln. Welches Bild haben denn die Menschen von der Landwirtschaft, nämlich von der Salzburger Landwirtschaft?
Grundsätzlich glaube ich, haben die Menschen ein gutes Bild von der Landwirtschaft. Es fehlt halt oft einmal der Einblick, möglicherweise, den möchten wir eben den Menschen geben. Dass man einfach sagt: „Wo kommt die Milch her?“ oder z.B. wenn man bei den Eiern bleibt, wo man sagt „Ein Legehuhn ist eigentlich kein Brathendl.“ Das sind solche kleinen Details, die wir einfach in unseren Kochkursen dann nach außen projizieren können.
Das heißt aber für mich – die Salzburgerinnen und Salzburger haben noch ein relativ gutes Wissen über die Landwirtschaft?
Definitiv! Finde ich. Ich sage einmal, wir haben einen extrem hohen Landwirtschaftsanteil in Salzburg. Alleine der Flachgau hat irrsinnig viele Milchviehbetriebe. Die Landwirtschaft lebt einfach mit. Wir sind Gott sei Dank schon eine ländliche Bevölkerung auch in der Stadt, wir haben viele Almen. Das ist das, wo einfach – glaube ich – die Bevölkerung schon in einer gewissen Form neben der Landwirtschaft gut lebt und das auch irgendwie nicht so weit entfernt ist.
Du bist ja selbst auch sehr aktiv auf Social Media Plattformen, um hier dieses Bild der Landwirtschaft zu vermitteln. Braucht es diese Wege auch? Diese neuen Kommunikationskanäle, um Landwirtschaft zu vermitteln, herzuzeigen?
Ich habe es zuerst nicht glauben können, aber ich kann dem nur zustimmen. Das ist wirklich etwas total Wichtiges. Ich sage jetzt einmal, wir leben in einer so schnelllebigen Welt und Internet ist einfach gang und gebe. Jeder ist im Internet und wenn man einfach da die verschiedenen Bereiche kommuniziert, das ist nicht nur, dass ich irgendetwas erzähle, so und so ist das, sondern ich lasse einfach diese Follower, die man jetzt hat, an unserem Leben teilhaben. Wo man einfach sagt, man erklärt das, wie ist das jetzt. Jetzt ist zum Heuen oder wie heißt der 2. Wenn sie das Gefühl haben, sie sind da nahe, dann schmeckt auch oder kaufen sie auch die Produkte von uns, weil dann der Bezug da ist. Das Emotionale, die emotionale Schiene ist einfach – finde ich - total wichtig.
Und vor allem wahrscheinlich authentisch zu sein.
Authentisch ist natürlich das Um und Auf, das ist ganz klar, aber eben auch, dieses Gesicht dahinter. Für mich war das ein langer Prozess, ein Selfie zu posten. Man ist ja trotzdem in der Gesellschaft, dass man sagt: „Ich will mich nicht immer in den Mittelpunkt stellen. Die meinen ja, ich bin so wichtig und immer mache ich ein Foto von mir.“, aber es ist einfach genau dieses Gesicht und die Geschichte dahinter und man kann nicht nur sagen „Ich kaufe eine Salzburger Milch“ sondern das hat dann noch mehr Wert, wenn ich sage, „Ich kaufe mir eine Salzburger Milch, weil da ist diese und jene Seminarbäuerin dahinter oder diese und jene Bäuerin“. Das ist einfach – glaube ich – das Um und Auf.
Stichwort „Milch“ – Die Salzburger Seminarbäuerinnen sind Kooperationspartner von der SalzburgMilch. Gemeinsam habt ihr auch ein Rezeptheft speziell für Kinder gestaltet. Was steckt da dahinter?
Was steckt dahinter? Eine lange Geschichte steckt dahinter. Aber das ist genau das, wo man sagt: „Wen wollen wir ansprechen?“ Nicht nur die Erwachsenen oder die Konsumenten von heute sondern auch die Konsumenten von morgen. Das sind definitiv die Kinder. Die Kinder wollen erleben, sie wollen tun, sie wollen selbst machen und da ist deshalb die Idee entstanden, einen Kinderkochkurs zu kreieren. Das sollen möglichst einfache Rezepte sein. Es soll natürlich auch die Milch drinnen stecken. Das war nämlich auch für uns ganz wichtig, weil wir einfach eine Milchregion sind oder wir in einer Milchregion leben. Und auch dem entgegenzuwirken, dass man den Kindern die Scheu vor der Herdplatte nimmt. Oder auch den Eltern. Wo ich einfach sage, es ist wirklich so, dass sie, wenn sie von der Schule heimkommen und einen Hunger haben, dann sollen sie sich daheim schnell in die Küche stellen, den Kühlschrank aufmachen und etwas kochen können. Kleine Sachen und wie wir alle selbst wissen, wenn man etwas kocht, selbst kocht, dann schmeckt das einfach noch besser.
Wie geht’s euch damit? Sind die Kinder zu begeistern für diese Kochkurse?
Die Kinder sind total zu begeistern. Also, die freut das wirklich sehr. Wir haben da eine richtige Spannweite drinnen. Von einigen, die wirklich auch zuhause mithelfen bis zu jenen, die noch nie einen Kochlöffel in der Hand gehabt haben. Also, das ist wirklich sehr groß. Ganz viel Erfahrung haben wir noch nicht, weil der Kochkurs eigentlich erst vor Corona fertig geworden ist, dann ist Corona dazwischen gekommen und wir sind sehr motiviert, aber wir haben einige Kurse absagen müssen und wir stehen da wieder in den Startlöchern.
Ihr habt aber auch während der Corona-Zeit ein Cookinar angeboten, um online das zu machen. Kann man das überhaupt – Kochen online irgendwie zu lernen? Da geht’s ja doch ums Kosten und ums Schmecken und ums Riechen?
Ja, da sind wir wieder beim Online und bei der medialen Welt. Es funktioniert definitiv. Man hat natürlich jetzt einen anderen Zugang. Wir sind das jetzt gewöhnt, mit einem Computer zu arbeiten. Kinder sind es gewöhnt, über zoom-Meeting mit jemand anderen zu reden. Es ist natürlich nicht das gleiche, als wenn man vor Ort ist und wenn man sich persönlich sieht, aber es ist schon eine Möglichkeit, selbst aktiv zu werden. Wir haben dieses Kinder-Cookinar schon so vorbereitet, dass auch ein Erwachsener dabei ist, dass sie es praktisch auch gemeinsam machen, weil man einfach für gewisse Dinge trotzdem eine Unterstützung braucht. Wir haben das auch im Rezeptheft drinnen stehen, bei jedem Rezept: „Da brauchst du Hilfe von einem Erwachsenen.“, also das ist schon so diese Komponente. Es steht auch das gemeinsame Tun im Vordergrund.
Ihr bietet aber Hilfe für Erwachsene beim Kochen auch an, d.h. also Kochkurse für Erwachsene. Sind diese gut gebucht oder wie geht’s euch damit? Wie funktionieren diese Kochkurse?
Ja, diese Kochkurse sind sehr gut gebucht, vor allem auch die Brotback-Kurse, oder auch Germteig-Kurse. Das sind so diese Klassiker, die immer gut gehen. Es sind da genauso Leute dabei, die einfach in den Startlöchern stehen – sie wollen einmal selber machen – genauso wie routinierte Köchinnen, Bäckerinnen, die einfach wieder ein paar Tipps und Tricks brauchen oder neue Anregungen.
Und das zieht sich durch die Gesellschaft von Alt bis Jung oder gibt es eine spezielle Gruppe, die das gerne macht?
Ganz neu ist jetzt, dass verschiedene Firmen das jetzt als Teambuilding machen, wo man einfach sagt, das gemeinsame Tun und miteinander etwas Schaffen, genauso wie die Landjugend oder auch Geburtstagsfeiern. Also das ist wirklich eine große Bandbreite bis hin zur Hausfrau oder wir haben auch ganz oft die Mütter mit ihren Töchtern. Was jetzt ganz oft die Anfrage ist, sind auch Männerkochkurse. Also definitiv, die Männer sind sehr interessiert am Kochen und die Nachfrage nach Männerkochkursen ist auch sehr hoch.
Das heißt, es steckt auch das Erlebnis dahinter, das man bei so einem Kurs hat, in der Gruppe gemeinsam etwas zu machen, zu lernen?
Genau, das ist das gemeinsame. Wenn man tratscht und man trinkt dazu ein Glaserl Wein, probiert neue Rezepte aus, vielleicht neue Gewürze, dass man einfach sagt, oft fehlen einfach auch die Ideen. Das ist auch so ein Punkt, dass man einfach sagt, man macht jetzt so etwas Gemeinsames.
Mit Corona hat man das Gefühl, dass das Thema „Essen/ Qualität des Essens“ in den Vordergrund gerückt ist. Kannst du das nachvollziehen, ist das so?
Das Essen und das Wissen um die Ernährung ist wirklich in den Vordergrund gerückt. Man setzt sich auseinander – Was koche ich? Mit was koche ich? Definitiv. Es ist, glaube ich, jetzt Zeit, dass nicht nur das Umdenken stattfindet, sondern dass man das wirklich auch in die Praxis umsetzt. Dass man jetzt weiß, das wäre gut und was mache ich jetzt daraus.
Das heißt aber, es gibt dann oft doch auch zwischen Wunsch und Realität ein bisschen eine Diskrepanz. Viele möchten es gerne, aber im Alltag greift man doch auch wieder zur einfachen Küche, zu den Fertiggerichten?
Definitiv. Da ist einfach schon einmal die Zeit. Dann ist natürlich – wenn wir uns jetzt auf Corona beziehen wirklich auch wieder – man fällt wieder zurück in alte Verhaltensmuster, glaube ich. Das ist definitiv so. Und ein bisschen fehlen einfach auch die Ideen. Wenn schon jemand bereit ist, dass er kocht, dann schaut man vielleicht auf ein Rezept und dann ist man schon wieder wenig flexibel. Weil da stehen vielleicht jetzt Erdbeeren drauf, oder da steht jetzt dieses oder jenes Gewürz drauf, das ist jetzt vielleicht nicht gerade in Saison, und dann braucht man das und dann kauft man sich das im Supermarkt und dann verschwindet einfach das ganze regionale und saisonale Denken wieder. Da ist natürlich ein Zwiespalt da, weil auf der einen Seite kocht man es gerne selber, und man ist eh‘ bereit, dass man es selber kocht, dann hat man halt dieses Rezept und man versteift sich total auf dieses Rezept.
Das heißt, ein bisschen mehr Flexibilität bei den Rezepten ist gefordert?
Auf jeden Fall. Das ist das, wo man einfach sagt, es kann ein jedes Rezept abgewandelt werden. Es muss nicht genau eine Tomate sein, wenn die Tomate gerade bei uns noch nicht Saison hat, zum Beispiel. Oder auch mit den Erdbeeren, wenn man dabei bleiben. Die müssen nicht immer da sein, man kann das auch mit einem Apfel oder einer Birne genauso oft machen. Man muss flexibel sein und vielleicht ein gewisses Umdenken haben, dass man einfach auch sagt: „OK, ich hätte zwar jetzt Gusto auf eine Erdbeere, aber wenn ich das jetzt schmecke, dann schmecke ich, dass eine Erdbeere im Winter nicht so gut schmeckt wie eine, die ich jetzt einfach im Sommer essen kann.
Das heißt, auch bei euren Kochkursen geht es natürlich auch sehr stark um regionale Lebensmittel, Lebensmittel, die aus der Gegend kommen. Das ist euch schon wichtig, das zu vermitteln?
Das ist einfach das Um und Auf. Das ist genau das, was wir vermitteln wollen. Regionalität, Saisonalität. Das hat auch mit Klimaschutz zu tun, mit Nachhaltigkeit. Und ganz viel, was wir jetzt auch vermitteln wollen, ist einfach die Wertschätzung der Arbeit der Bauern. Wo man einfach sagt, das dauert seine Zeit, das wächst jetzt. Wir sind bemüht, wir sind dahinter, wir pflanzen, wir ernten zu einer gewissen Zeit. Einfach da einen Einblick zu bekommen, das ist einfach das Um und Auf.
Jetzt haben wir so viel über Essen geredet. Gibt es irgendein Rezept, das du uns noch mit auf den Weg geben möchtest? Was kommt bei euren Kochkursen besonders gut an?
Wenn wir jetzt da beim Milchkochkurs bleiben, was ganz gut ankommt ist einfach trotzdem eine schnelle, regionale Küche. Das sind diese ganz einfachen Dinge, wenn man einfach sagt, was kann man mit einem Topfen machen, was kann man mit einem Schlagobers machen bzw. dass man diese verschiedensten Kräuteraufstriche oder auch süße Nachspeisen, dass man einen Topfen mit einem Zucker und einem Schlagobers zusammenmischt mit frischen Früchten kombiniert – das ist eine schnelle Küche und man hat etwas Regionales zu Hause, daheim am Tisch stehen. Das kann man schnell einmal machen.
Da kriegt man gleich einen Hunger. Wenn man sagt, man möchte bei euch vielleicht einen Kurs buchen, sich informieren über die Seminarbäuerinnen, wie findet man zu euch?
Man findet uns auf der Homepage, auf https://www.salzburger-seminarbauerinnen.at/ bzw. im Programm des LFI, des ländlichen Fortbildungsinstituts. Gleichzeitig haben auch Seminarbäuerinnen ihre eigenen Webseiten. Da stößt man aber auch über unsere Webseite auf die jeweiligen Seminarbäuerinnen – Seiten, wo Kurse angeboten werden.
Vielen Dank für die Information, für das Gespräch. Hat mich sehr gefreut.
Mich auch, danke!